Yoga – wozu?
Nein, keine Yogakrise. Ganz im Gegenteil. Endlich bin ich bereit, mich für ein tägliches Meditieren motivieren zu lassen.
Das tun zwei Bücher: Das Yogasutra des Patanjali und das Bardo Thödöl, das tibetanische Totenbuch.
Während meiner Yogalehrerinnen-Ausbildung habe ich mich zum ersten Mal mit dem Yoga Sutra, diesem ein paar tausend Jahre alten Standardwerk des ursprünglichen Yoga beschäftigt. Und gleich mal Patanjalis Antwort auf die Frage, wozu man Yoga machen und auf die Erleuchtung hinarbeiten soll, gar nicht verstanden. Seine Antwort ist simpel; sie heißt: „Avidyasmita-raga-dvesabhinivesah klesa“
In ausführlicher Übersetzung: „Mangelndes Wahrnehmungsvermögen der Wirklichkeit, das ICH-Gefühl (getrennt von allem und allen anderen), Zu- und Abneigungen gegenüber Dingen und der starke Wunsch nach Leben sind die großen Ursachen aller Leiden im Leben.“
Das Leben hier auf diesem Planeten ist ein leidvolles. Diese Erkenntnis ist die Voraussetzung und die Motivation für Yoga. Um die Erfahrung von 20 Lebensjahren und auch an yogischer Praxis reicher als damals , kann ich nun diese Gründe für alles Leid im Menschenleben verstehen. Ich kann auch der Argumentation im großartigen Kommentar folgen.
DOCH: ich habe dieses Mal ein derart schönes Leben hier auf Erden, dass es mir trotzdem schwer fällt, regelmäßig zu meditieren. Oft verwende ich die Zeit für irgendwelche – letztlich – belanglosen Tätigkeiten. Wahrscheinlich will ich gar nicht so schnell die wirkliche Wirklichkeit erkennen…
Patanjali braucht also Unterstützung – und er findet sie im Bardo Thödöl. Hier geht es ums Sterben und die Zwischenwelt, das sogenannte Bardo, ehe sich eine Seele wieder ans Inkarnieren macht. Der Grundgedanke ist der, dass im Augenblick des Todes das „Klare Licht“ hell dämmert und ein Mensch, der fähig ist, dieses Klare Licht zu erkennen UND sich selbst als dieses Klare Licht zu erkennen, augenblicklich befreit wird aus dem Kreis der Wiedergeburten. Das gelingt aber nur wenigen Menschen. Die meisten müssen wiedergeboren werden. Der Weg dorthin ist laut diesem „Reiseführer“ alles andere als ein Spaziergang. Und danach – ein weiteres Leben in einer der 6 Welten, fast alle voller Leid.
DAS sollte genügen. Seit Wochen beschäftige ich mich damit, die Lehren aus dem Bardo und die des Yoga zu verstehen, Gemeinsames heraus zu destillieren und aus meiner Erfahrung zu überprüfen…
Wenn du bis hierher gelesen hast, fragst du dich vielleicht, „WOZU tut eine Yogalehrerin sowas im Sommer und macht nicht einfach Urlaub?“
Ich lasse Mittakali, eine Nonne antworten, wie sie in den Psalmen der frühen Buddhisten zitiert wird:
“ Doch Angst beschlich mich, mich sogar, als ich so grübelte in meiner Zelle. Weh mir, wie kam ich auf den Teufelsweg – in der Begierde Macht bin ich geraten! Kurz ist die Spanne Zeit, die mir noch bleibt; Alter und Krankheit drohen mich zu erdrücken. Ehe dieser Körper hier vergeht, zerfällt, nutze ich die Zeit, vergeude keine Stunde. Den wahren Inbegriff des Lebens, wie es kommt und geht, bedenkend, erhob ich mich und stand befreiten Geistes! Des Buddhas Worte waren wahr in mir geworden.“
Und ich hoffe, dass das so auch für mich funktioniert 🙂 !
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